23.10.07
Rice Rice Baby
Besuche in der abgelegenen Provinz koennen anstrengend sein: Kinder laufend schreiend durchs Dorf (Wer hat Angst vorm weissen Mann?), betelkauende alte Damen fragen einen erstaunt was man denn hier – am Arsch der Welt - mache und man ist oft in Erklaerungsnot in Bezug auf agrartechnische Feinheiten (“Wie? Bei euch wird kein Reis angebaut? Was esst ihr denn? Wie wachsen Kartoffeln denn?”). Mein vierter Besuch in der Provinz Khammuan war zum Glueck entspannter – man kennt sich, hat verwandtschaftliche Bande auch ohne Heirat einer mehrmals angebotenen Nebenfrau aufgebaut und haengt mit Moenchen rum, die man schon aus Vientiane kennt. Ausserdem waren die meisten Dorfbewohner ziemlich beschaeftigt weil die Erntezeit begonnen hat. Also raus aufs Reisfeld und fuer den unkundigen Auslaender mal die Basics erklaeren. Wann ist der Reis reif? Welche Sorten sind das? Wie lange braucht man fuer ein Feld? Dreschen, mahlen, verpacken, verkaufen. Also Crashkurs.
Bei Fragen nach dem Wandel des Reisanbaus waren sich alle einig, dass die Einfuehrung der kleinen Traktoren vor ca. 5 Jahren die Sachen erheblich vereinfacht hat. Man kann ein Feld ca. 5 x schneller pfluegen als mit einem Wasserbueffel. Duenger hat erst vor kurzen Einzug gehalten und wird zum Glueck noch recht sparsam verwendet. Strom gibt es seit ein paar Jahren auch und seit 2 Jahren gibt es einen Funkmast im Nachbardorf. Inzwischen hat fast jede Familie ein Handy und wenn Verwandte, die in Thailand sind (ca. 30% der unter 25 jaehrigen arbeiten ohne Papiere in Thailand) oder in der Stadt leben, waehrend der Reisernte anrufen, wird die Sichel schnell weggelegt und man haelt ein Schwaetzchen. Mein Nobelhandy aus der Hauptstadt war dann auch ein begehrtes Objekt des Staunens. In einem Tempel gab es dann auch ein Reiserntefestival, bei dem die Dorfgemeinschaft Geld fuer den Neubau eines Tempelgebaeudes gesammelt hat. Die Monkies schmeissen also ihre dicken Verstaerker an und abwechselnd ans Mikro fuer den guten Zweck.
Abends dann dicke Party mit Tanzbuehne (“Los! Dr. Pat auf die Buehne. Yeah! Der Falang tanzt” kracht es aus den gigantischen Lautsprecherboxen) und einer Menge Bier.
Einige meiner ehemaligen Moenchskollegen haben sich inzwischen fuers weltliche Leben entschieden. Heirat, Kinder, Rinder, Wasserbueffel und Reisfelder. (“Ach, weisst du, in dem Leben hat man genauso Probleme wie als Moench. Andere, aber genauso viele”). Allerdings befindet sich die religioese Landschaft im radikalen Umbruch: seit ca. 2000 ist die Zahl der Novizen drastisch gesunken. Die jungen Leute gehen nach Thailand arbeiten oder wollen in Vientiane zum College gehen. Saekulare Erziehung hat traditionelles Wissen und Status ueberholt. Einige ordinieren noch, aber gehen dann nach ein paar Monaten in ein Kloster nach Vientiane, wo es viel mehr Moeglichkeiten gibt. Wenn sich keine alten Moenche finden, die sich um das Kloster kuemmern, stehen diese dann oft leer. In einem Kloster, in dem ich vor ein paar Jahren noch mit 3 Moenchen und 5 Novizen nachts um 2 Uhr Fussball geschaut habe, lebt inzwischen nur noch ein Moench, der frueher mit mir in Vientiane war. Der langweilt sich zu Tode und sucht einen Studienplatz an einer buddhistischen Uni in Thailand. Die Laoten sind zwar etwas besorgt, aber was soll man machen? Man will das Beste fuer seine Kinder und kann verstehen, dass diese in die Stadt wollen.
>Alte Kollegen im Reisfeld<
>Abhaengen mit der Dorfjugend<
Abends wurden dann schon mal 3 Saecke neu geernteter Reis abgefuellt, die wir dann per Tuk Tuk in Vientiane bei Familien aus Khammuan verteilen sollten. Zum Abschied dann noch ein Sukhwan („calling of the soul“) Ritual in der Familie meines „Bruders“. Der fuer Rituale zustaendige Onkel nimmt die Huehnerkrallen in die Hand und interpretiert: „Unsere Wege werden sich wieder trennen, aber du kommst wieder. Die Zehen sind stark zusammengewachsen“. Da hat die Huehnerkralle wohl recht...
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2 Kommentare:
den "dr. pat-dance" haette ich ja zu gerne gesehen, tanz und schwing das bein, lass die sorgen sorgen sein, oder so aehnlich. hurra. toll auch das mit der huehnerkralle. da kann man ja ganz beruhigt wegfahren, wenn die kralle sagt, dass man sich bald wieder sieht...
Lieber Dr. P,
vielen Dank fuer die Bloghilfe. Ich bin derzeit doch etwas geschlaucht vom Thaikurs und glotze dann abend auch nur Thai Soap Operas (wenn schon glotzen, dann wenigstens Thai). Der Post ist suuuuper.
Kuss Nicki
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